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Schwerpunkt VimpelCom: Ein Freundschaft zerbricht: VimpelCom und Telenor; Verliert Telenor VimpelCom?; VimpelCom übernimmt Weather Investments; VimpelCom-Aktionäre beschliessen Fusion |
Prolog
1992 gründeten einige Techniker in Russland ein Unternehmen namens VimpelCom, das sich dem Mobilfunk in Russland auf Basis GSM verschrieb. Im Dezember 1998 wurde Telenor, die alte norwegische Telekom, der strategische Partner von VimpelCom und erwarb 31,6 % der Aktien von VimpelCom und gleichzeitig ein Stimmrecht von 25,7 %. Im Mai 2001 kam ein zweiter strategischer Partner dazu: Eco Telecom Limited, ein Teil der Alfa Group. Die erwarb für weniger wirtschaftlichen Anteil (24,5 %) mehr Stimmrechte (32,9 %). Eine im Mai 2002 vereinbarte Unternehmenscharta sollte aber dafür sorgen, dass keiner der beiden Grossaktionäre den anderen überstimmen konnte. Mit der Hauptversammlung konnte ein Angreifer rein rechtlich auch wenig anfangen, weil alle wichtigen Entscheidungen dort nur auf Vorschlag des Aufsichtsrates abgestimmt werden können.
Der nach der Charta alles entscheidende Aufsichtsrat bestand aus je drei Direktrepräsentanten, die von Telenor bzw. Alfa Group nominiert werden. Dazu kamen ein Unabhängiger und einer, der von Telenor mit Zustimmung von Alfa nominiert wurde.
Der Friede währte etwa drei Jahre lang. In dieser Zeit investierten beide Grossaktionäre, so weit man das übersehen kann, jeweils gleich hohe Beträge in den Ausbau des Netzes von VimpelCom und VimpelCom wurde zum zweitgrössten Mobilfunkbetreiber in Russland.
Die Darsteller des Dramas
Telenor
Die Norweger sind ein ziemlich erfolgreicher Betreiber, der sich sehr stark auf Mobilfunk konzentriert. Im Festnetz gibt es ausserhalb Norwegens nur einige kleinere Aktivitäten in Schweden, der Slowakei und Tschechien.
Bedeutender sind die TV-Aktivitäten. Telenor Broadcast ist der grösste TV-Anbieter in den nordischen Ländern und hat - abgesehen von 500.000 norwegischen Haushalten, die ihr TV vom analogen TV-Netz Norkring (ebenfalls Telenor) empfangen, 2,9 Millionen Haushalte als Kunden. Dazu kommt das PayTV unter der Marke «Canal Digital», das sowohl Kabel- als auch Satellitenkunden hat und in Finnland auch ein digitales terrestrisches TV betreibt.
Kern der Aktivitäten sind aber die Mobilfunknetze (die Teilnehmerzahlen entsprechen dem Jahresendstand 2004, wo nicht, ist dies angemerkt):
Land | Mobilfunknetz | Anteil | Teilnehmer | aliquot | |
Bangladesch | GrameenPhone | 62,0 % | 2.388.000 | 1.481.000 | |
Dänemark | Sonofon | 100,0 % | 1.286.000 | 1.286.000 | |
Malaysia | DiGi | 61,0 % | 3.242.000 | 1.978.000 | |
Montenegro | ProMonte | 100,0 % | 279.000 | 279.000 | |
Norwegen | Telenor Mobil | 100,0 % | 2.645.000 | 2.645.000 | |
Österreich | ONE | 17,5 % | 1.739.000 | 304.000 | (1) |
Pakistan | Telenor | 100,0 % | 2.000.000 | 2.000.000 | (2) |
Russland | VimpelCom | 29,9 % | 40.053.000 | 11.976.000 | (3) |
Schweden | Telenor | 100,0 % | 105.000 | 105.000 | |
Thailand | DTAC | 40,3 % | 8.530.000 | 3.438.000 | (4) |
Ukraine | Kyivstar | 56,5 % | 6.252.000 | 3.532.000 | |
Ungarn | Pannon GSM | 100,0 % | 2.770.000 | 2.770.000 | |
GESAMT | 71.289.000 | 31.794.000 | |||
(1) Daten vom Dezember 2005 (2) inklusive Kasachstan, Meldung vom September 2005 (3) Meldung vom September 2005 (4) Daten November 2005 |
Alfa Group
Die Alfa Group ist nach Eigendefinition eines des grössten Industriekonglomerate Russlands im Privatbesitz. Sie beschäftigt sich mit Öl, Erdgas, Bankgeschäften, Management, Versicherungen, Handel, Telekommunikation, Technologie und was sonst noch interessant scheint. Sie konzentriert sich auf langfristiges Investment in Russland und den GUS-Staaten, investiert aber auch in anderen Märkten.
Die Gruppe wurde 1989 als Alfa-Eco gegründet und handelte u.a. mit Erdöl. Das heutige Flaggschiff des Unternehmens ist die grösste Privatbank Russlands, die Alfa-Bank. Neben dem zweitgrössten Zweigstellennetz Russlands hat sie auch Tochterfirmen in der Ukraine, in Kasachstan sowie in den Welthandelsstädten Amsterdam, London und New York.
Des weiteren gibt es u.a. die Alfa Capital Management, Alfa Capital Partners, die AlfaStrakhovanie Versicherungsgruppe, die Ölfirma TNL-BP (zusammen mit Industries/Renova), die 1,44 Millionen Barrels Öl pro Tag produziert, sechs Raffinerien und mehr als 2.100 Tankstellen betreibt und natürlich Altimo der Arm des Unternehmens, der in Telekomunternehmen investiert. Altimo ist über hier nicht vollständig nachzuvollziehende Konstruktionen nach eigenen Angaben an folgenden Mobilfunkunternehmen beteiligt (die Teilnehmerzahlen entsprechen dem Jahresendstand 2004, wo nicht, ist dies angemerkt):
Land | Mobilfunknetz | Anteil | Teilnehmer | aliquot | |
Russland | MegaFon | 25,10 % | 20.125.000 | 5.051.000 | (1) |
Russland | VimpelCom | 24,50 % | 40.053.000 | 9.813.000 | (2) |
Ukraine | Kyivstar | 43,50 % | 6.252.000 | 2.720.000 | |
Türkei | Turkcell | 13,22 % | 27.900.000 | 3.688.000 | (3) |
GESAMT | 94.330.000 | 21.272.000 | |||
(1) 1. September 2005 (2) inklusive Kasachstan, Meldung vom September 2005 (3) Jahresende 2005 |
Ausserdem ist die Alfa Group auch am GUS-Festnetzbetreiber Golden Telecom beteiligt.
Ein einziger Aktionär?
Weitab von Moskau beschwerte sich ein Kleinaktionär beim Handelsgericht des Kreises Krasnodarsk über die Charta. Es spielte dabei keine Rolle, dass dieser Kleinaktionär nur zwei Aktien besitzt - er wollte, dass die Supermehrheit fällt und die einfache ausreicht. Zwei Instanzen bestätigten ihm seinen Wunsch und verlangten von VimpelCom, dass dieser Teil der Charta aufgehoben wird.
Schon hier fiel erstmals der Name des ukrainischen Unternehmens, das bald zum Hauptthema eines geradezu globalen Konfliktes wurde. Die Gerichte stellten fest, dass unter den Mitgliedern des Aufsichtsrates ein Interessenskonflikt über den möglichen Erwerb des ukrainischen Netzbetreibers URS (Ukrainskiye Radiosystemy bzw. Ukrainian Radio System) bestehe.
Damals erklärte VimpelCom selbst noch, dass man gegen das Urteil vorgehen werde - man sei aber nach russischem Gesetz an das Urteil gebunden bis - falls das erfolgreich sein sollte - das Urteil revidiert wird.
Der gleiche Kleinaktionär brachte beim Gericht des Kreises Krasnodar zwei weitere Anträge ein:
(1) Das Gericht mögen den Erwerb der ukrainischen URS für rechtens erklären.
(2) Das Gericht möge folgende personelle Entscheidungen treffen:
- Drei der VimpelCom-Aufsichtsräte - alle von Telenor nominiert - sollten als befangen und an der Blockade des URS-Kaufs interessiert erklärt werden.
- Diesen drei Aufsichtsräten soll eine Teilnahme an der Entscheidung verboten werden
- Der Teil der VimpelCom-Charta, der eine Supermehrheit verlangt soll für ungültig erklärt werden.
In einer Petition ersuchte der Kläger zudem auch drei Direktoren, die von der zur Alfa Group gehörenden Eco Telecom Limited nominiert worden sind, auf die Liste der Aufsichtsräte zu setzen, denen eine Teilnahme an der Abstimmung über den Erwerb der URS untersagt werden soll.
Das Gericht in Krasnodar nahm die Petition nicht an und der gesamte Fall wurde an das für Wirtschaftsfragen zuständige Gericht in Moskau angegeben, wo man zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung für Mai 2005 erwartete.
Wirtschaftliche Erfolge
Die im April veröffentlichte Bilanz von VimpelCom dürfte wenig dazu beigetragen haben, die Gemüter zu beruhigen: 31,2 Millionen Kunden in Russland und Kasachstan, 61 % Umsatzsteigerung, 53 % Gewinnsteigerung dürften das wirtschaftliche Interesse der Aktionäre durchaus wach gehalten haben.
31.12.2004 | 31.12.2003 | 30.09.2004 | ||||
Moskau | 7.476.900 | 5.659.600 | +32,1 % | 6.645.700 | +12,5% | |
Regionen | 18.247.700 | 5.777.300 | +215,9 % | 13.223.400 | +38,0% | |
Kasachstan | 858.700 | n/a | -- | 676.300 | +27,0% | |
Total | 26.583.300 | 11.436.900 | +132,4% | 20.545.400 | +29,4% | |
VimpelCom hatte in Russland Ende 2003 einen Marktanteil von 31,5 %, der bis Ende 2004 auf 34,8 % gestiegen ist.
Norwegische Siege
Am 13. April suspendierte der russische Oberste Gerichtshof das Urteil der Unterinstanz, das die erforderliche Supermehrheit aufgehoben hatte. Damit war die Regelung, dass etwa für Zukäufe eine Supermehrheit im Aufsichtsrat erforderlich ist, wieder in Kraft.
Am Ende April konnte Telenor in dem sich anbahnenden Streit einen Sieg verbuchen: Der Aufsichtsrat von VimpelCom verwarf den Kauf von URS. Für Telenor war das erfreulich, denn, so den Norweger, nun befinde sich VimpelCom wieder auf dem richtigen Weg, um den Wert der Aktien zu erhalten und eine effektive strategische Entwicklung fortzuführen. Die Entscheidung erfolgte entsprechend der Supermehrheitsregel der Charta. Das heisst, dass die Anhänger eines URS-Kaufes keine Supermehrheit zustande brachten.
Für Telenor ist ein Kaufpreis von rund 200 Millionen Dollar weit überhöht, denn die Norweger schätzen den Wert von URS auf höchsten 20 Millionen - es könnte aber auch viel weniger sein, wie ein Sprecher in Fornebu bemerkte.
Die nächsten Klagen
Bald war die Schlacht um die Beherrschung des zweitgrössten russischen Mobilfunkers aber wieder offen, denn jetzt klagte Eco Telecom, ein Mitglied der Alfa Gruppe beim Handelsgericht in Moskau gegen VimpelCom und drei der Direktoren.
Zudem hat der norwegische Handelsminister Boerge Brende einem angeblichen Vorschlag den Streit dadurch beizulegen, dass die Anteile von Alfa an VimpelCom in solche an Telenor getauscht werden, eine Absage erteilt: Solche industrielle Kooperationen benötigen gegenseitiges Vertrauen, das erst aufgebaut werden müsse. Ein solches Vertrauen habe er in die Alfa Gruppe nicht.
VimpelCom under attack!
Anfang Juni schreibt Jon Fredrik Baksaas, Präsident & CEO von Telenor an die Aktionäre von VimpelCom: Wir glauben «VimpelCom is under attack» und versucht die anderen Aktionäre auf die Seite von Telenor zu bringen, denn in den letzten Monaten habe die Alfa Gruppe eine aggressive Kampagne unternommen, um VimpelCom unter Kontrolle zu bringen ohne den Aktionären den üblichen Aufschlag für eine kontrollierende Mehrheit zahlen zu wollen.
Baksaas wirft Alfa eine Zangenoperation vor, die vorsieht bei der geplanten Aktionärsversammlung am 22. Juni die Kontrolle des Vorstands zu übernehmen und dann den Minderheitenschutz bei der Hauptversammlung auszuhebeln. Wäre Alfa erfolgreich, könnte sie mit ihrem wirtschaftlichen Anteil von 24,5 % und 32,9 % der Stimmrechte VimpelCom kontrollieren. Daher, so Baksaas, mögen alle Aktionäre für die unabhängigen Kandidaten von Telenor stimmen und im Falle einer Hauptversammlung gegen die Vorschläge von Alfa.
Telenor: Alfa lügt!
Wenige Tage später sicht sich Telenor erneut genötigt, auf die Alfa Gruppe zu reagieren. Offensichtlich hatte die Alfa Gruppe mit Aktionären von VimpelCom eine Telefonkonferenz veranstaltet. Laut Telenor habe Alfa dabei Unwahrheiten verbreitet. So habe Alfa Telecom festgestellt, dass Telenor Alfa vorgeschlagen habe, gemeinsam die ukrainische WellCom zu kaufen. Dem widerspricht Telenor heftig: Man habe kein Vertrauen in WellCom - unabhängig davon, wer das Unternehmen kaufe.
Alfa Telecom habe festgestellt, dass Telenor bezüglich des Erwerbs von WellCom durch VimpelCom einen Interessenskonflikt haben Auch dem widerspricht Telenor. Alfa Telecom habe behauptet, dass Telenor, Alfa und VimpelCom Verhandlungen über eine potentielle Fusion von VimpelCom und Kyivstar führten - auch das sei nicht wahr.
Alfa Telecom habe erklärt, keine Absicht zu haben, die Kontrolle von VimpelCom zu übernehmen. Laut Telenor könne man aber aus dem Dokument Schedule 13D, das am 26. Mai 2005 bei der US-Börsenbehörde SEC eingereicht wurde lesen «Eco Telecom would like to obtain control of VimpelCom ...»
Neue Abstimmung
Alfa will es wissen und daher gibt es erneut eine Abstimmung über den möglichen Kauf eines Minderheitenanteils am ukrainischen Mobilfunknetz URS: 6 Mitglieder des Vorstandes sind dafür und drei dagegen. Die Supermehrheit hätte acht Pro-Stimmen erfordert, womit der Antrag erneut gescheitert ist.
Hauptversammlung 2005
Bei der Jahreshauptversammlung von VimpelCom in Moskau Ende Juni konnte Telenor den Angriff der Alfa Gruppe abwehren, weshalb der neu gewählte Vorstand, wie der bisherige, aus je drei Vertretern von Telenor und der Alfa Gruppe sowie drei neutralen, von denen zwei von Alfa und einer von Telenor vorgeschlagen worden ist, besteht. Die meisten Vorstandsmitglieder sind bereits länger dort tätig.
Alfa-Gruppe | Mikhail Fridman (Alfa Gruppe, seit 2001), Pavel Kulikov (Alfa Telecom, seit 2002), Alexey Reznikovich (Alfa Telecom, seit 2002), |
Telenor | Arve Johansen (Telenor, seit 2003), Fridtjof Rusten (Telenor, neu), Henrik Torgersen (Telenor, seit 1999), |
«Neutrale» | Jo Lunder (Ementor ASA, seit 2002), David Haines (GROHE, neu) Natalia Tsukanova (J.P. Morgan, seit 2003). |
Telenor zeigte sich vorsichtig zufrieden, meinte aber, dass man eine andere Zusammensetzung des Vorstandes angestrebt habe. Telenor-Sprecher Scott Engebrigtsen erklärte, dass man glaube, durch die eigenen Anstrengungen die bisherige Charta von VimpelCom gerettet zu haben.
Noch eine Hauptversammlung
Die Eco Telecom verlangt eine ausserordentliche Hauptversammlung, die für den 15. August 2005 anberaumt wird. Wer sich für diese Hauptversammlung nicht registriert, sind die Vertreter des Grossaktionärs Alfa Group. Da damit das nötige Quorum nicht zustande kommt, wird die Versammlung auf den 14. September verschoben.
Wirtschaftserfolg geht weiter
Per 30. Juni 2005 meldet VimpelCom 33,7 Millionen Kunden, was nach den eigenen Berechnungen des Unternehmens 34,5 % Marktanteil entspricht. Zu den Kunden in Russland kommen noch weitere 1,4 Millionen in Kasachstan. Der operative Überschuss im ersten Halbjahr 2005 - nach Abschreibung und Amortisation! - beträgt 443 Millionen Dollar. Der Nettogewinn nach Steuern 268,5 Millionen Dollar.
Ausserordentliche Hauptversammlung
Am 14. September findet dann die ausserordentliche Hauptversammlung statt auf der mit knapper Mehrheit (51,2 %) beschlossen wird, die ukrainische URS zu erwerben. Bei der Aktionärsversammlung waren 79,8 % der berechtigten Stimmen anwesend. Von den Anwesenden stimmten 89,3 % für den Kauf. VimpelCom beeilte sich mitzuteilen, dass nach russischem Recht die einfache Mehrheit der Aktionäre (50 % + 1 Stimme) ausreicht, um einen derartigen Beschluss gültig zu machen.
Telenor erklärte in einem Schreiben an die Aktionärsversammlung allerdings, dass diese nicht ordnungsgemäss einberufen geworden wäre. Ausserdem wies man auf das Statut des Unternehmens hin, das eine 80 %-Mehrheit des Vorstandes für derartige Beschlüsse vorsehe.
In der uns vorliegenden Kopie der Charta, die als Protokoll Nr. 30 vom «Moscow Government, Moscow Registration Chamber» mit der Nummer 15624 am 24. Mai 2002 registriert worden ist, findet sich tatsächlich der Passus «Decisions on issues specified in paragraphs 9.2.2, 9.2.6 and 9.2.14 through 9.2.19 of Article 9.2. shall be adopted by the Shareholders' General Meeting only upon the proposal of the Board of Directors. In addition to any decisions which require such approval under Article 9.2 and Russian law, decisions on issues specified in paragraphs 9.2.1-9.2.3, 9.2.5, and 9.2.17 of Article 9.2, require the approval of three-quarters of the votes of the Shareholders holding voting shares and participating in the Shareholders' General Meeting.»
Die angeführten Paragraphen sind folgende:
9.2.2 reorganization of the Company;
9.2.6 with respect to increasing the Company's Charter Capital:
- increase of the Company's Charter Capital by increasing the nominal value of Common Shares and/or Preferred Shares;
- increase of the Company's Charter Capital by issuance of additional common shares and/or preferred shares, or by conversion of other securities of the Company convertible into shares of the Company;
9.2.14 splitting and consolidation of Common Shares and/or Preferred Shares;
9.2.15 approval of transactions with interested parties as provided by applicable law;
9.2.16 approval of a major transaction or series of transactions connected with the acquisition, disposal or potential disposal (directly or indirectly) by the Company of property in cases provided for by applicable law;
9.2.17 acquisition by the Company of Common Shares or Preferred Shares as provided by applicable law;
9.2.18 participation in holding companies, financial-industrial groups, associations and any other amalgamations of commercial organizations;
9.2.19 approval of, amendments to and termination of, internal documents of the Company which regulate the activities of the bodies of the Company;
Offensichtlich handelte es sich hier um eine Art Putsch gegen den geschützten Minderheitsaktonär, der unter Bruch der öffentlich hinterlegten Charta erfolgte
Verwirrung
Der Aufsichtsrat von VimpelCom, der sich in Moskau traf, um das Ergebnis der ausserordentlichen Aktionärsversammlung zu diskutieren, war offensichtlich verwirrt: Man diskutierte zwar das Ergebnis, liess sich eine Meinung über URS durch Citigroup und UBS vortragen und diskutierte auch die Briefe von Telenor - gab aber dem CEO keine Richtlinie, wie er jetzt weiter vorzugehen habe. Vor die Frage gestellt, den CEO zu beauftragen, den Erwerb von URS in die Wege zu leiten oder den CEO zu beauftragen - wie von Telenor gefordert - 80 % des Aufsichtsrates zu überzeugen, entschloss man sich mit fünf zu drei Stimmen (bei einer Enthaltung), zu bestätigen, dass die Aktionäre für den Kauf von URS gestimmt haben.
CEO Alexander Izosimov bedauerte, dass er vom Aufsichtsrat kein klares Mandat erhalten habe. Daher werde er sich an den Beschluss der Aktionärsversammlung halten, bis jemand bei Gericht Gegenteiliges einklagt.
URS wird gekauft
Wie er angekündigt hatte, leitete Generaldirektor Izosimov nun den Kauf der URS ein. VimpelCom wandte dafür US$ 231,3 Millionen auf und vereinbarte zudem mit Ericsson, dass die Schweden die bisherigen Installationen in der Ukraine um 52,6 Millionen Dollar kaufen. Dafür kauft VimpelCom bzw. URS bei Ericsson neue Ausrüstung im Wert von 200 Millionen Dollar.
Telenor bedauerte den Vorgang und bekräftigte die eigene Meinung, dass der Kaufpreis zu hoch ist. Zudem brauche man als vierter Anbieter in der Ukraine mit weniger als einem Prozent Marktanteil grosse Investitionen. Weiters hielt man erneut fest, dass nach Meinung von Telenor der Kauf von URS ohne entsprechende Autorisierung durchgeführt worden sei.
Jetzt bedauerte das Management von VimpelCom die Stellungnahme von Telenor und wies darauf hin, dass URS eine Lizenz für GSM 900 für die gesamte Ukraine und GSM 1800 für 23 der 27 Regionen des Landes habe.
Nebenfront Kirgisien
Mitte Dezember kommt dann die Meldung, dass der grosse Konkurrent und russische Marktführer MTS (Mobile TeleSystems) einen Anteil von 51 % am kirgisischen Netzbetreiber Bitel erworben hat.
Doch MTS durfte sich nicht lange freuen, denn plötzlich erschien die kirgisische Polizei und durchsuchte Räumlichkeiten von Bitel um Material in einem Streit um das Eigentum an diesem Unternehmen zu suchen. Vier Stunden lang war auch das Netz ausser Betrieb.
Hintergrund war, dass im April ein kirgisisches Gericht Fellowes, einer der vielen Firmen der Alfa Group, 100 % der Eigentumsrechte an Bitel zusprach.
Ein anderes Unternehmen, Alliance Capital, klagte in Grossbritannien gegen dieses Urteil und bekam Recht. Das britische Gericht verbot Fellowes jede Einmischung in die Geschäfte von Bitel.
Zwei Tage nachdem MTS von Alliance Capital bzw. einer Tochterfirma Bitel gekauft hatte, entschied die Wirtschaftsabteilung des städtischen Gerichts von Bischkek, dass die russische Rezervspetsmet, die Bitel von Fellowes gekauft hat, rechtmässiger Eigentümer von Bitel ist.
Der russische «Kommersant» berichtete ausführlich aus Bischkek und führt den Mobilfunkkrieg in Kirgisien auf den Konflikt zwischen dem MTS-Mehrheitseigner Sistema und der Alfa Gruppe zurück.
VimpelCom expandiert weiter
Noch im Dezember begab sich VimpelCom auf weitere Eroberungszüge und übernahm 60 % des tadschikischen Netzbetreibers Tacom umd zwölf Millionen Dollar. Das gekaufte Unternehmen besitzt nach Angaben von VimpelCom nationale Lizenzen für GSM-900/1800, UMTS, CDMA 450 und AMPS.
Fast gleichzeitig wurden in Usbekistan Buztel (Bakrie Uzebekistan Telecom) und Unitel (früher Daewoo GSM) zu jeweils 100 % übernommen. Für Buztel bezahlte man 2,4 Millionen Dollar und für Unitel 200 Millionen. Buztel ist der viertgrösste Mobilfunkbetreiber in Usbekistan und gehörte bisher einer Tochtergesellschaft der Alfa Group. Unitel ist der zweitgrösster Mobilfunker in Usbekistan. Die beiden Netzbetreiber will VimpelCom zu einem fusionieren. Argumentiert wird, dass Unitel viele Kunden hat (364.000), während Buztel das umfangreichste Frequenzportfolio aller Netzbetreiber im Lande hat.
Telenor tritt wieder an
Kaum war das neue Jahr ausgebrochen, teilte Telenor mit, dass man in Russland insgesamt drei Klagen gegen den Netzbetreiber VimpelCom eingebracht habe. Laut Telenor habe Aktionär Alfa Group zusammen mit dem Management den Aufsichtsrat des Unternehmens umgangen und dabei auch die Charta des Unternehmens, die einen Schutz der Minderheitsaktionäre vorsieht, verletzt. Dabei sei auch russisches Recht im Zusammenhang mit dem Kauf der ukrainischen Firma URS (Ukrainian Radio Systems) verletzt worden.
Zu den Verstössen gehören nach Ansicht von Telenor eine illegale ausserordentliche Hauptversammlung und die Verteilung von falschen und irreführenden Informationen an die Aktionäre von VimpelCom. Der Erwerb von URS sei unter Verletzung russischer Gesetze und ohne Zustimmung des Aufsichtsrates, was die Charta aber verlange, erfolgt.
Bis vor kurzem habe man mit dem Management von VimpelCom und der AlfaGroup ein gutes Verhältnis gehabt, man könne aber nicht akzeptieren, dass VimpelCom und die Alfa Group nun absolut ohne Respekt vor dem Gesetz, ohne Transparenz, Corporate Governance und finanzieller Kontrolle operieren, erklärte Jan Edvard Thygesen, der bei Telenor für VimpelCom verantwortliche Vizepräsident.
Telenor rief die Alfa Group und das Management von VimpelCom auf, sich wieder darauf zu besinnen, innerhalb der ethischen Normen für ein Unternehmen, das an der Börse in New York notiert ist, zu arbeiten.
Telenor erklärt noch einmal ihre Unterstützung für die Expansionspläne von VimpelCom im CIS-Raum - einschliesslich der Ukraine, nicht aber für den Kauf der URS, der laut Telenor keine geschäftlichen Vorteile brächte. Der vorgelegte Geschäftsplan überschätze die möglichen Einnahmen und unterschätze die Kosten für den Netzausbau.
Nach Angaben von Telenor habe sich das Management von VimpelCom wiederholt geweigert Informationen über den Kauf der URS an Vorstand und Aktionäre zu liefern. Selbst grundlegende Informationen wie der Kaufvertrag, die Identität der Verkäufer und wer den Verkaufserlös erhält, habe man nicht bekommen. «Dieser Mangel an Transparenz und der überhöhte Kaufpreis lässt ernste Fragen über die Motive für diese Akquisition aufkommen» erklärte Thygesen.
Die Klagen
Die insgesamt drei Klagen, die Telenor in Moskau einbringt, haben folgenden Inhalt
(1) Telenor klagt gegen VimpelCom auf Aufhebung der Entscheidung der ausserordentlichen Hauptversammlung vom 14. September 2005 (Kauf der URS).
(2) Telenor klagt VimpelCom, fünf weitere Firmen, die ihren Sitz auf den britischen Jungferninseln und Zypern haben, sowie eine Einzelperson. Von diesen nimmt Telenor an, dass sie die Verkäufer von URS sind. Mit der Klage will Telenor eine Rückabwicklung des Kaufes erreichen. Basis der Klage ist die Rechtsansicht der Norweger, dass der Kauf auch russisches Recht verletzt habe.
(3) Telenor klagt VimpelCom und verlangt die Entscheidung des Generaldirektors Alexander Izosimov, URS ohne Zustimmung des Vorstandes zu kaufen, aufzuheben.
Laut Telenor will man so den wirtschaftlichen Schaden für die Aktionäre von VimpelCom, der aus dem Erwerb von URS entstanden sein, möglichst minimieren und will auch herausfinden, wer wirklich Vorteile aus dem Erwerb der URS durch VimpelCom gezogen habe.
VimpelCom bedauert
In einer ersten Reaktion bedauerte VimpelCom, dass sich Telenor entschieden habe, die Selbstverpflichtung zu einer konstruktiven Lösung der Probleme bezüglich der Expansion von VimpelCom in die Ukraine aufzugeben. VimpelCom glaube, dass aller Aktionen im Zusammenhang mit dem Kauf der URS «proper, transparent and in accordance with Russian law» gewesen wären.
VimpelCom erscheine es, als ob der Interessenskonflikt, den Telenor in der Ukraine habe, das Unternehmen davon abhalte, die Frage der Expansion von VimpelCom in die Ukraine fair und rational zu beurteilen.
Erfreulich für VimpelCom war, dass man der Erklärung auch ein Statement des Vorsitzenden David Haines beischliessen konnte: «Considering 89% of the public shareholders who voted were in favor of the URS acquisition after a very open and thorough public debate, Telenor now has to be able to separate its obviously emotionally charged conflict in Ukraine from its responsibility towards all the shareholders in the NYSE-listed VimpelCom».
Die Formulierung Haines ist elegant und korrekt. Es stimmten zwar nur 51,2 % der Stimmberechtigten für den Kauf (siehe oben), aber tatsächlich mehr 89 % der Anwesenden.
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Letzte Überarbeitung: Montag, 11. Februar 2008
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