Mobile Times Grossbritannien: Orange fusioniert mit T-Mobile
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O2 (Telefónica)27,7 %
Vodafone24,7 %
Orange21,5 %
T-Mobile UK14,9 %
Sonstige (Hutchison 3G, Virgin etc.)11,2 %
Die aktuellen Marktanteile in Grossbritannien laut Enders Analysis
Diese Anteile beziehen sich nicht auf die Kundenzahlen, sondern auf den Unternehmensumsatz!
    Anfang September haben Deutsche Telekom (Bonn, Nordrhein-Westfalen) und France Télécom (Paris, Frankreich) bekannt gegeben, dass sie den Zusammenschluss von T-Mobile UK und Orange UK in Grossbritannien (beide London, England) in einem neuen 50:50 Joint Venture planen. Auf Basis der Teilnehmerdaten von Ende Dezember 2008 wäre das Grossbritanniens grösstes Mobilfunkunternehmen mit 28,4 Millionen Kunden bzw. 37 Prozent Marktanteil. Dabei sind die Zahlen von Virgin Mobile aber noch nicht enthalten. Das Gemeinschaftsunternehmen hätte 2008 pro forma einen Umsatz von 9,4 Milliarden Euro (7,5 Milliarden Pfund) und ein EBITDA von 2,1 Milliarden Euro (1,7 Milliarden Pfund) erwirtschaftet. Langfristig erwartet man sich Einsparungen bei Netzbetrieb und IT sowie Vertrieb und Marketing, Ausserdem gebe es Potenzial zur Reduzierung von allgemeinen und Verwaltungskosten, Eliminierung von Doppelungen bei Funktionen, Optimierung der Mitarbeiterzahl im Kundenservice, Netzwerk sowie allgemeinen und Verwaltungsfunktionen. Die erwarteten Integrationskosten von 2010 bis 2014 sollen zwischen 600 und 800 Millionen Pfund liegen und entfielen zum grössten Teil auf den Abbau von Mobilfunkanlagen, der Rationalisierung des Shop-Netzes und der Optimierung der operativen Prozesse.
    Von der Deutschen Telekom wird die gesamte T-Mobile UK einschliesslich der 50 % Beteiligung von T-Mobile UK am 3G-Netz Joint Venture mit Hutchison eingebracht. Sie soll dabei frei von Barmitteln und Schulden sein, bringt aber steuerliche Verlustvorträge von brutto mindestens 1,5 Milliarden Pfund mit. France Télécom bringt alle Aktivitäten von Orange UK sowie 1,25 Milliarden Pfund Nettoverschuldung ein. Nach Abschluss der Verträge soll die Deutsche Telekom dem Joint Venture ein Darlehen von 625 Millionen Pfund gewähren, womit gleichzeitig 625 Millionen Pfund an France Télécom zurückerstattet würden. Das Joint Venture hätte dann Schulden von 1,25 Milliarden Pfund, die aus zwei Darlehen der Anteilseigner von jeweils 625 Millionen Pfund bestehen. Die Marken T-Mobile UK und Orange UK sollen gemeinsam für 18 Monate nach Abschluss der Transaktion bestehen bleiben. In dieser Zeit soll eine neue Markenstrategie entwickelt werden.

Die Kommentare der Analysten:

Analysys Mason (London, England) bzw. deren Analyst Matt Hatton erwartet jedenfalls regulatorische und andere Hürden für die geplante Verschmelzung. So sieht es Hatton keineswegs als garantiert an, dass die Wettbewerbsbehörden des Königreiches der Fusion zustimmen und wenn doch, könnten sie eine Reihe von Bedingungen stellen wie etwa die Versorgung des ländlichen Raumes mit mobilem Breitband. Natürlich würden T-Mobile und Orange hoffen, durch die Kombination ihrer Aktivitäten die nötige Grösse zu erreichen, um O2 und Vodafone herauszufordern. Zudem sei in einer ausgereiften Industrie Konsolidierung wohl unvermeidlich. Allerdings hätte die zuletzt beobachtete Welle an Verträgen über gemeinsame Netze schon die Zurücklegung eines langen Weges mit dem Ziel der Senkung der Servicekosten aufgezeigt.
    Ein weiteres Problem sieht Hatton im gemeinsamen 3G-Netz der MBNL (Broadband Network), einem 50:50 Joint Venture zwischen T-Mobile UK und 3 UK.
    Für Netzwerkbauer bringt die Fusion T-Mobile und Orange in Grossbritannien ebenfalls eine Konsolidierung. Ericsson ist Hauptlieferant von O2, Vodafone und MBNL und wird damit eindeutig britischer Marktführer.
    Orange und T-Mobile wollen 445 Millionen Pfund jährlich durch Synergien beim Betrieb einsparen. Dazu wollen sie zwischen 2010 und 2014 etwa 600 bis 800 Millionen Pfund investieren. Allerdings erscheint es oft sehr schwierig das Einsparungspotenzial bei zwei so eingeführten Unternehmen zu finden. Die Verwaltung und die IT der beiden Unternehmen zu kombinieren wird, ein hartes Stück Arbeit.
    Frequenzen sind ein eigenes Thema. Derzeit wird in Grossbritannien die Versteigerung von 2×70 MHz im 2,6 GHz Band vorbereitet. Die Reduktion der Bieterzahl von fünf auf vier lässt es wahrscheinlicher erscheinen, dass man Frequenzen um weniger Geld erwerben kann als bisher angenommen. Allerdings hat die Fusion der beiden 1800 MHz Betreiber auch Einfluss auf die potentielle Neuverteilung der Frequenzen im 900 MHz Band. Zudem stellt sich die Frage, ob die beiden kombinierten Unternehmen zusammen nicht zu viel Bandbreite zur Verfügung haben - und was der Regulator da zu tun gedenkt. Der Fusionsprozess wird aber sicher alle Verhandlungen über die Neuverteilung von Frequenzen verzögern, wenn auch Verhandlungen zwischen vier Partnern leichter sind als zwischen fünf.
    Auch Virgin Mobile, ein MVNO im Netz von T-Mobile, sieht Hatton als Problem, denn jeder Eigentümerwechsel kann das Verhältnis von Virgin Mobile, die immerhin fünf Millionen Kunden hat, zum Netzbetreiber beeinflussen.
    Bisher waren T-Mobile und 3 UK die einzigen britischen Mobilfunker, die keine Festnetzdienste angeboten haben. Sogar die grösseren MVNOs haben Kombinationsangebote von Mobilfunk und Festnetz. Gerade der Boom beim mobilen Internet mache es für Netzbetreiber nötig, den Datenverkehr wo immer möglich ins Festnetz abzuleiten.
    Sollten die Behörden die geplante Fusion genehmigen, wird es ziemlich unwahrscheinlich, dass Vodafone oder O2 mit einem grossen Partner fusionieren dürfen. Ein Angebot für 3UK könnten aber beide abgeben.
    Für Hatton hat die Situation in Grossbritannien auch Implikationen für andere Märkte. Grossbritannien gehört im Mobilfunk zu den umkämpftesten Märkten, daher ist die Konsolidierung kein Wunder. Schliesslich hat es solche Konsolidierungen in anderen umkämpften Märkten schon gegeben: In Österreich von fünf auf vier Netzbetreiber und in den Niederlanden von fünf auf drei. In beiden Fällen waren T-Mobile und Orange involviert, so dass das für die Gruppen nichts Neues mehr ist.

BWCS (Oxford, England) macht darauf aufmerksam, dass die Fusionskandidaten derzeit auf Platz 3 und 4 liegen und durch das Zusammengehen mit einem Sprung an O2 und Vodafone vorbei auf Platz eins kämen, während O2 und Vodafone um je einen Platz zurückfielen. Laut BWCS hatte T-Mobile UK zuletzt einen schweren Stand und musste im Juli einen Kundenverlust von 87.000 für das zweite Quartal 2009 melden. Weltweit habe T-Mobile über 148 Millionen Kunden, davon aber «nur zwölf Millionen im Vereinigten Königreich». Orange habe dagegen fast 17 Millionen Kunden in Grossbritannien von denen 15,9 aktive Mobilfunkkunden und eine Millionen Kunden im Festnetz-Breitband sind.

Ovum (London, England) macht darauf aufmerksam, dass die Verhandlungen zwischen T-Mobile und Orange noch gar nicht abgeschlossen sind und selbst wenn das der Fall sein wird, wird es noch Monate dauern, bis die Fusion bzw. die Gründung des Joint Ventures tatsächlich über die Bühne geht. Dann werden beide Marken noch einmal 18 Monate erhalten bleiben und damit eine allfällige Umbenennung genau in die Zeit der Olympischen Spiele in London fallen - was kontraproduktiv für alle internationalen Werbeversuche um Roamer ist.
    Falls die Fusion durchgeht, wird sie die Mobilfunklandschaft in Grossbritannien ändern, denn die Kombination der beiden Betreiber, die bisher darum kämpfen den Abstand zu O2 und Vodafone zu verringern, werden gemeinsam klarer Marktführer. Dazu kommen - und hier scheint Ovum den Ankündigungen der künftigen Partner zu glauben - jährliche Synergieeffekte von 620 Millionen Pfund, was ab 2014 die Profitabilität immens steigert.
    Wichtig sei auch noch, dass Orange auch den Festnetzbereich einbringt, womit bisherige Kunden von T-Mobile integrierte Angebote bekommen könnten. Das sollte man zwar nicht überbewerten, aber der Mangel einer Festnetzstrategie hat T-Mobile im Hinblick auf künftige Entwicklungen irgendwie ausgesetzt.
    Die Fusion T-Mobile/Orange macht die Bühne für eine völlige Transformation des britischen Mobilfunkmarktes frei und lässt die Frage nach den Reaktionen von Vodafone, O2 und 3 aufkommen. Wenig überraschend wird 3 am meisten betroffen sein, weil man mit einem Marktanteil von weniger sechs Prozent zu klein sein wird, um realistisch konkurrieren zu können. Laut Ovum muss 3 die Präsenz im Königreich überdenken und wird entweder ein MVNO oder verlässt den Markt völlig.
    Für Vodafone ist die Fusion ein Schlag, denn er verbannt Vodafone am Heimatmarkt auf Platz 3. Das wird das Ego der Gruppe treffen und kann auch durch die Übernahme von 3 nicht ausgeglichen werden. Allerdings, wenn man das zuletzt sehr freundschaftliche Verhältnis zu British Telecom betrachtet, könnte T-Mobile/Orange der Anlass für eine engere Verbindung mit British Telecom sein, die dazu führt, dass Vodafone am Heimatmarkt als integrierte Telekom auftritt.
    O2 und Virgin Mobile werden weniger betroffen sein. O2 wird zwar die Marktführerschaft verlieren, aber das Unternehmen hat den Marktführer schon früher erfolgreich herausgefordert, sowohl in Grossbritannien und als auch in Deutschland.
    Virgin Mobile ist überhaupt nur daran interessiert, wer ihr Netzbetreiber sein wird. Wenn die Regulatoren das bisherige Verhältnis mit T-Mobile beenden, wird man eben mit einem anderen Netzbetreiber arbeiten.
    Von den Regulatoren erwartet Ovum eine Zustimmung zu der Vereinigung. Zwar erscheinen 37 % Marktanteil viel, aber bei einem Blick auf Europa scheint das durchaus vernünftig. Die Marktführer in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal und Spanien haben ähnliche Anteile. Man wird aber den Vertrag von T-Mobile mit Virgin Mobile und den gemeinsamen Netzbetrieb mit 3 ansehen. Ovum erwartet dass man den Vertrag mit Virgin Mobile als Preis aufgeben muss, während man für das gemeinsame Netz mit 3 Zustimmung erwartet - es sei denn, 3 würde selbst Übernahmekandidat.
    Generell glaubt man, dass die Neuverteilung der Frequenzen jetzt etwas länger dauern wird, weil es keine Gespräche geben kann, so lange der Fusionsversuch läuft, Andererseits sollten Gespräche zwischen vier Partnern leichter sein als zwischen fünf.
    So lange die Regulierung für die nötigen Sicherheiten sorgt, sollte die Vereinigung T-Mobile/Orange auch kein Nachteil für die Konsumenten sein. Bisher haben sich die britischen Betreiber zu Tode konkurriert, so dass es höchste zeit war, sich zu konsolidieren. Die Betreiber müssen noch die Milliarden für die 3G-Frequenzen verdienen, ihre 3G-Netze ausbauen und sich auf 4G vorbereiten - und dass alles, ohne nach Staatshilfe zu rufen.

Links
http://www.telekom.com/
http://www.endersanalysis.com/
http://www.analysysmason.com/
http://www.bwcs.com/
http://www.ovum.com/
http://www.datamonitor.com/




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